Rechtsanwaltskanzlei Gerhard Jung
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Aktuelle Rechtsprechung

Ist die landwirtschaftliche Altersrente von der Hofübergabe abhängig?

So will es zwar der Gesetzgeber in § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte. Nicht aber das Bundesverfassungsgericht, das diese Vorschrift wegen Unvereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes für nichtig erklärt:

 

  1. Die Koppelung einer Altersrente an die Abgabe eines landwirtschaftlichen Hofs greift faktisch in die Eigentumsfreiheit des Art. 14 GG ein.
  2. Die Pflicht zur Hofabgabe wird verfassungswidrig, wenn diese in unzumutbarer Weise Einkünfte entzieht, die zur Ergänzung einer als Teilsicherung ausgestalteten Rente notwendig sind.
  3. Die Gewährung einer Rente an den einen Ehepartner darf nicht von der Entscheidung des anderen Ehepartners über die Abgabe des Hofs abhängig gemacht werden.

Bundesgerichtshof: die Beratungspflicht der Sozialbehörden

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2.8.2018 obliegt den Sozialbehörden eine umfassende Beratungspflicht. Diese beschränkt sich nicht auf den Aufgabenkreis, der der jeweiligen Behörde zugewiesen ist. Erkennt nämlich die Behörde, dass dem Hilfesuchenden auch weitere staatliche Leistungen zustehen könnten, so muss sie ihn zumindest auf die Möglichkeit hinweisen, sich von den jeweiligen Fachbehörden zusätzlich beraten zu lassen. Andernfalls kann der Bürger einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Behörde haben.

Ist das

„Jobcenter“

eine deutsche Behörde?

Das Verwaltungsgericht Gießen sagt konsequenterweise: Nein! Denn sowohl nach § 184 Gerichtsverfassungsgesetz als auch nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder (§23 Abs. 1 VwVfG) ist die Gerichts- und Amtssprache Deutsch.

BayVGH: Verpflichtung zur Zahlung von Rundfunkgebühren

Nach einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19.06.2015 hat jeder die Rundfunkgebühr zu zahlen, unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird.

 

"HU neu" - haftet der Händler für Mängel am Fahrzeug?

Nach der Rechtsprechung wird auch von einem Gebrauchtwagenhändler als Fachmann nicht unbedingt erwartet, das Fahrzeug „auf Herz und Nieren“ zu untersuchen. Ergeben sich allerdings aufgrund einer „Sichtprüfung“, zu der er grundsätzlich verpflichtet ist, Anhaltspunkte für schwerwiegende Mängel, so hat er diesen nachzugehen und haftet dem Käufer im Falle einer Pflichtverletzung. Auch mit der Zusicherung "HU neu" im Kaufvertrag übernimmt er eine eigene Verantwortung für die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Übergabe.

 

BGH, Urteil vom 15.04.2015 - VIII ZR 80/14

 

BGH zur Tierhalterhaftung

Nach § 833 BGB haftet ein Tierhalter für alle Körper- und Sachschäden, die von dem Tier verursacht werden. Auf ein Verschulden des Halters kommt es nicht an. Die einzige Einschränkung, die der Bundesgerichtshof macht: es muß es sich eine typische Tiergefahr realisieren. Diese besteht „in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten des Tieres“.

 

Unter welchen Voraussetzungen ein solcher Zusammenhang zwischen spezifischem tierischem Verhalten und Schaden besteht, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 27.01.2015 erneut klargestellt.

Sind eBay-Angebote verbindlich?

Zum Ersten...

 

Der BGH hat mit Urteil vom 12. November 2014 - VIII ZR 42/14 - entschieden: Der Anbieter ist bis zum Ende der Auktion an sein Angebot gebunden. Bricht er die Auktion vorzeitig ab, so schuldet er dem zu diesem Zeitpunkt Meistbietenden Schadensersatz.

 

Zum Zweiten...

An der strengen Verpflichtung zur Einhaltung des Vertrages hält der Bundesgerichtshof auch in seinem erneuten Urteil vom 23. September 2015 - VIII ZR 284/14 - fest. Der beklagte Anbieter hatte nachträglich festgestellt, dass der Kläger in früheren Auktionen insgesamt 370 Angebote nachträglich zurückgezogen hatte. Wegen dieser objektiven Anhaltspunkte für eine "Unseriösität" des Klägers hatte das Landgericht als Vorinstanz die Schadensersatzklage des Bieters abgewiesen. Der BGH hob das Urteil auf, weil nach dem Vortrag des Beklagten für die Streichung des Gebots nicht ein Verhalten des Klägers, sondern die (bestrittene) Zerstörung der Ware ausschlaggebend gewesen war.

BGH: Parken auf Privatgrundstück - Abschleppkosten

BGH: Kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms

Das Oberlandesgericht hatte einer Radfahrerin ein Mitverschulden von 20 % angelastet, weil sie keinen Schutzhelm getragen und damit Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen habe. Der für das Schadensersatzrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

BGH, Urteil vom 17. Juni 2014 - VI ZR 281/13 

 

BGH: Schadensersatzpflicht des Vermieters bei pflichtwidrig verweigerter Erlaubnis zur Untervermietung

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage der Schadensersatzpflicht eines Vermieters befasst, der den Mietern einer Dreizimmerwohnung, die sich aus beruflichen Gründen mehrere Jahre im Ausland aufhielten, die Untervermietung zweier Zimmer versagt hatte. 
 

BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – VIII ZR 349/13
 

Wie weit darf ein Vermieter gehen? - Und wie darf der Mieter sich zur Wehr setzen?

Der Beklagte ist seit Juli 2006 Mieter eines Hauses der Klägerin. Am 16. August 2012 suchte die Klägerin den Beklagten vereinbarungsgemäß auf, um zwischenzeitlich installierte Rauchmelder in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit versuchte die Klägerin, das gesamte Haus zu inspizieren und gegen den Willen des Beklagten auch Zimmer zu betreten, die nicht mit Rauchmeldern versehen waren. Sie öffnete dabei ein Fenster und nahm Gegenstände von der Fensterbank. Der Aufforderung des Beklagten, das Haus zu verlassen, kam die Klägerin nicht nach. Daraufhin umfasste der Beklagte die Klägerin mit den Armen und trug sie aus dem Haus. Wegen dieses Vorfalls erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2012 die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.
 
 

Neuwagenkauf: Rücktritt bei einem (un-)erheblichen Sachmangel

Der Bundesgerichtshof hat sich am 28.05.2014 in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, unter welchen Umständen ein Sachmangel "unerheblich" im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB* ist, so dass der Käufer vom Kaufvertrag nicht zurücktreten kann. 
BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13

Eine Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Mietvertrag über Wohnräume, die den Mieter verpflichtet, „keine Hunde und Katzen zu halten” ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam.

 

Bundesgerichtshof: "Abo-Fallen" im Internet

 

Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte verschiedene kostenpflichtige Internetseiten, die jeweils ein nahezu identisches Erscheinungsbild aufwiesen, unter anderem einen sogenannten Routenplaner. Die Inanspruchnahme des Routenplaners setzte voraus, daß der Nutzer zuvor seinen Vor- und Zunamen nebst Anschrift und E-Mail-Adresse sowie sein Geburtsdatum eingab. Aufgrund der vom Angeklagten gezielt mit dieser Absicht vorgenommenen Gestaltung der Seite war für flüchtige Leser nur schwer erkennbar, daß es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelte.


BGH, Urteil vom 5. März 2014 - 2 StR 616/12

Amtshaftung - Verkehrssicherungspflicht

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 06.03.2014 entschieden, daß die nach den einschlägigen straßenrechtlichen Vorschriften (hier: Straßengesetz des Landes Thüringen) verkehrssicherungspflichtige Körperschaft (hier: Gemeinde) bei gesunden Straßenbäumen auch dann keine besonderen Schutzmaßnahmen ergreifen muss, wenn bei diesen - wie z. B. bei der Pappel oder auch bei anderen Weichhölzern - ein erhöhtes Risiko besteht, dass im gesunden Zustand Äste abbrechen und Schäden verursacht werden können.

Fahrzeugschaden durch herabfallende Äste: haftet die Gemeinde?

Mietrecht: Schlüssel einer Schließanlage - Schadensersatzpflicht des Mieters

Zur Schadensersatzpflicht des Mieters  bei Verlust eines zu einer Schließanlage gehörenden Wohnungsschlüssels
 

BGH, Urteil vom 5. März 2014 – VIII ZR 205/13

 

Ende des vorigen Jahrhunderts hatte der Bundesgerichtshof über verschiedene Geschäftspraktiken der Banken zu entscheiden. Im wesentlichen ging es um die Berechnung von (teilweise horrenden) Gebühren für

 

  • Nichtausführung von Überweisungsaufträgen, Daueraufträgen oder Rückgabe von Schecks mangels Deckung, Urteil vom 21.10.1997 - Az. XI ZR 5/97
  • Nichteinlösung von Lastschriften mangels Deckung, Urteil vom 21.10.1997 - Az. XI ZR 296/96
  • Erteilung der Drittschuldnerauskunft (bei Kontopfändung), Urteile vom 18.05.1999 - Az. XI ZR 219/98 und vom 19.10.1999 - Az. XI ZR 8/99

 

In allen drei Fällen erklärte der Bundesgerichtshof die Berechnung von Gebühren für rechtswidrig, da es sich nicht um Leistungen der Bank an ihre Kunden handelt. Aber die Banken tanzen ihren Kunden weiterhin auf der Nase herum. Ausführlichere Informationen finden Sie hier.

 

In den Jahren 2014/2015 erklärte der BGH auch weitere AGB für unzulässig, die zusätzliche Gebühren für die typischen, von den Banken geschuldeten Dienstleistungen vorsehen (und im Jahr 2017 schließlich die bei den Sparkassen so beliebten – weil lukrativen – „Mitteilungen über die Nichtausführung einer Lastschrift mangels Deckung).

 

 

Der Bundesgerichtshof und die Gebühren der Banken

 

 

 

 

 

 

Diese Urteile des Bundesgerichtshofs waren zunächst nicht im Internet veröffentlicht. Ich griff deshalb auf konventionelle Medien zurück. Inzwischen sind sie digitalisiert und im Internet abrufbar.

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