Rechtsanwaltskanzlei Gerhard Jung
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... und der Versuch des Oberlandesgerichts Stuttgart, sie anhand der Gesetze zu klären.

  1. Wer trägt bei Rücknahme des Scheidungsantrags die Kosten?
  2. Welchen Rechtsbehelf gibt es gegen die Kostenentscheidung des Familiengerichts?
  3. Wer versteht die Regelungen des FamFG ?

 

Zu 1.

Der Antragsteller, § 150 Abs. 2 FamFG. Hiervon gibt es jedoch etliche Ausnahmen.

 

Zu 2.

Dazu ist im FamFG nichts geregelt.

 

Zu 3.

Jedenfalls nicht der, der sie verstandesmäßig zu erfassen sucht.

 

Gleichwohl sah sich das Oberlandesgericht Stuttgart vor die Heraklesaufgabe gestellt, alle drei Fragen in einer einzigen Entscheidung zu beantworten (Beschluß vom 19.12.2013, 18 WF 291/13).

 

Zu 1. hatte das Familiengericht, offenbar ohne sich viele Gedanken über die Rechtsgrundlage zu machen, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben (das heißt, die Gerichtskosten werden geteilt und jede(r) Beteiligte trägt die eigenen Anwaltskosten selbst. Das Oberlandesgericht hingegen bemühte sich, seinem Verfassungsauftrag nach Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz gemäß, um eine Lösung auf gesetzlicher Grundlage. Es wurde jedoch sowohl vom unmittelbar anwendbaren FamFG als auch von der Zivilprozeßordnung im Stich gelassen. Es suchte deshalb mit einer approximativen Methode die Lösung, die den jeweiligen gesetzlichen Regelungen am nächsten kam. Da der Scheidungsantrag im zu entscheidenden Fall voraussichtlich abzuweisen gewesen wäre, weil das Trennungsjahr nicht eingehalten war, ging es vom Regelfall aus und erlegte dem Antragsteller die Kosten auf.

 

Bezüglich Frage 2. konnte das OLG immerhin eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs heranziehen und sich diesem anschließen, um das deutsche Rechtssystem nicht noch mehr aus den Fugen geraten zu lassen: „Mit Beschluss vom 28.9.2011 (FamRZ 2011, 1933) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass isolierte Kostenentscheidungen in Ehe- und Familienstreitsachen, die nach streitloser Hauptsacheerledigung erfolgen, mit der sofortigen Beschwerde nach den §§ 567 ff. ZPO anfechtbar sind.“

 

Bei Beantwortung der Frage 3. spricht das Oberlandesgericht eine bemerkenswert klare Sprache: es führt die erhebliche Verunsicherung der Rechtspraxis über die Rechtsbehelfsmöglichkeiten darauf zurück, daß „der Vereinfachungsgesetzgeber mit Einführung des FamFG ein kompliziertes Regelungsdickicht erschaffen hat, welches weder aus sich heraus verständlich ist, noch mit herkömmlichen Mitteln des logischen Denkens und den Regeln der juristischen Methodenlehre insoweit beherrschbar wäre, dass sich die einfache Frage, welches Rechtsmittel gegen eine Kostenentscheidung in einer der diversen Arten von Familiensachen statthaft ist, allein anhand der diversen anwendbaren Gesetzesvorschriften eindeutig und in sich schlüssig und nachvollziehbar beantworten ließe.“

 

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=OLG+Stuttgart&Art=en&Datum=2013&nr=18333&pos=1&anz=130

 

Gemessen an der dezenten Ausdrucksweise, die den Obergerichten in der Regel eigen ist, verleiht das OLG mit dieser Formulierung geradezu sarkastisch seinem (mehr als berechtigten) Unmut über die Unfähigkeit des Gesetzgebers Ausdruck. Von dessen Mitgliedern, den Abgeordneten des Deutschen Bundestages, wären sicherlich deutlichere Worte zu erwarten gewesen: da bezichtigt der eine (zurecht) den anderen (zurecht) der Unfähigkeit, der Praxisferne, der Flickschusterei (alles zurecht).

 

Hoc in omni vita accidere videas licet: nemo sibi tantummodo errat, sed alieni erroris et causa et auctor est. (Seneca, de vita beata)

 

Gleichwohl steht nicht fest, daß tatsächlich die Lücken und Widersprüche des FamFG allein dem Irrtum oder der Unfähigkeit seiner Autoren entspringen. Denkbar wäre immerhin, daß die Abgeordneten – ganz im Sinne reziproker Anwendung des Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz – die rechtsprechende Gewalt an der allgemeinen Politikverdrossenheit – dann im Sinne einer allgemeinen Staatsverdrossenheit – partizipieren lassen möchten.

 

Denn die Rechtsanwender sind es, die den Kopf hinhalten müssen für Gerichtsentscheidungen, die wegen verwaschener und widersprüchlicher gesetzlicher Regelungen nicht vorhersehbar waren.

 

 

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